Kirche und Geld (gekürzt)
In der Apostelgeschichte (2,44f) steht zu lesen: „Und alle, die glaubten, …hatten alles gemeinsam. Sie verkauften Hab und Gut und teilten davon allen zu, jedem so viel, wie er nötig hatte.“
Wie Geld zur Kirche kam
Den frühen Christen ist eine gehörige Portion an Idealismus zuzuschreiben. Aus Dokumenten ist belegt, dass Landschenkungen sofort verkauft wurden und das Geld den Armen weitergegeben wurde.
Rasch wurde klar, dass die jungen frühchristlichen Gemeinden selbst eine wirtschaftliche Struktur benötigten, um die Bewältigung des eigenen Lebens und der Aufgaben, wie die Weitergabe des Evangeliums und der Nächstenliebe, zu bewerkstelligen.
Bereits die frühe Kirche musste über Kapital verfügen, um diese Aufgaben effektiv wahrnehmen zu können. Die Bischöfe wurden als Verwalter eingesetzt und waren für den guten Umgang mit den anvertrauten Mitteln verantwortlich.
Rasch wurde erkennbar, dass es Oberhirten gab, die besonders geschickt handelten und andere wieder, die sich schwer zurechtfanden. Vorwürfe, wie Verschwendung oder den Einsatz für eigene Zwecke, waren in dieser Zeit bereits Themen.
Daher wurde aus den Heiligen Schriften heraus seitens der Verwalter die Rechtfertigung für das wirtschaftliche Handeln abgeleitet und interpretiert.
Früh schon findet sich der Hinweis auf das Buch Genesis: „Macht Euch die Erde untertan.“ Die Nutzung der Gaben, die uns Gott überlassen hat, diese können durch Verstand und Arbeit nicht nur gut verwaltet, sondern vermehrt werden. Von diesem Satz ausgehend ist das Recht auf Eigentum und Besitz ableitbar. Alles durch meiner Hände Arbeit oder durch kluges Denken und Handeln Geschaffene, steht einem zu.
Diese These stimmt. Gleichzeitig liegt darin das Dilemma. Der Umgang mit Werten bedeutet für den, der diese besitzt, nicht nur Verantwortung, sondern gleichzeitig die An- und Herausforderung der Rechtfertigung dafür.

Das rechte Maß
Wirtschaftliches Geschick bringt Anerkennung, gleichzeitig auch Neid und viele weitere Tugenden und Untugenden.
Hier kennt das Evangelium viele Gleichnisse. Beispiele dafür:
„Die Vertreibung der Händler aus dem Tempel“ – wo uns alle vier Evangelisten davon berichten, dass Jesus den Tempel als Haus Gottes sehen wollte. Der Gedanke, dass die Kommerzialisierung zu dieser Zeit zu intensiv in den Tempeln betrieben wurde, war wohl der Auslöser. Woraus sich ableiten lässt, dass alle wirtschaftlichen Entwicklungen, die zu sehr übertrieben werden, nur noch „das Eigene“, nicht mehr das Gemeinsame und schon gar nicht mehr den Glauben im Sinne hatten, zu einer oft radikalen Maßnahme führten.
Diese Übertreibungen finden wir immer wieder in der (Wirtschafts-) Geschichte. Ebenso finden wir Ereignisse und Auslöser, die zu einer Umkehr oder Bereinigung führen. Der Gedanke an das Bild, in dem Jesus mit Peitschen und Stricken die Händler aus dem Tempel treibt, darf einem zuweilen einfallen, wenn beispielsweise Skandale, die in unserer Zeit durch Wirtschaftskorruption aufgedeckt werden. Das Mittel zum Zweck ist hier nicht mehr die Peitsche, sondern der Zeitungsartikel oder die Medien im Allgemeinen.
„Zuviel – ein Blick auf das Weihnachtsgeschehen“
Das Wort „Zuviel“, im Sinne der Übertreibung, ist eines, das in unsere Zeit des nahezu uneingeschränkten Wohlstandes gut passt.
In der Advents- und Weihnachtszeit übertreffen sich die „Verkaufstempel“, die weihnachtlichen „Behübschungen“ der Straßen und Häuser oder auch die unzähligen Märkte und Ausschänken vorweihnachtlicher Getränke und Spezialitäten.
Es ist durchaus berechtigt, die Ankunft des Herrn gebührend zu begehen.
Die Heiligen Könige brachten dem Jesuskind Gaben; und die Behauptung, dass wir daher in dieser Zeit einander Geschenke geben, kann so stehen gelassen werden, eine wunderbare Tradition.
Für die Wirtschaft ist diese Zeit eine sehr bedeutende. Rund um die Weihnachtszeit wird rund ein Viertel mehr an Umsatz getätigt als im Rest des Jahres. Viele ziehen daraus ihren Vorteil und der gesamte Wirtschaftskreislauf wird belebt.
Ebenso viele äußern Bedenken, dass bereits im Frühherbst weihnachtliche Angebote zu erwerben sind, weihnachtliche Melodien für einen nicht mehr erträglich werden, da einem diese von überall her aufdringlich verfolgen und die weihnachtlichen Speisen und Getränke, die zur permanenten Völlerei ausarten.
Eine klare Haltung dazu wird kaum möglich sein. Wie immer wird es auf das rechte Maß ankommen, um die Bedeutung des Weihnachtsfestes für sich selbst zu erkennen. Das rechte Maß, die Verhältnismäßigkeit zu finden, sollte als eine eigene Tugend gesehen werden. In allen Zeiten gab es Übertreibungen und auch das Gegenteil davon. Gerade in der Ausübung des Glaubens gab es wiederholt Anhänger einer Strömung, die durch Askese und Übertreibung im ständigen Gebet, Enthaltsam- oder Einsamkeit oder Buße das Vollkommenheitsideal anstrebten. Dieser Weg scheint nicht erfolgreich gewesen zu sein. Nur das Gemeinsame (brachte) bringt die Erreichung der Ziele.
Diese einfache Betrachtung begründet unter anderem die wirtschaftliche Substanz der Kirche, die in unserer Zeit auch als Reichtum der Kirche bezeichnet wird.
Herrscher sahen sich veranlasst, denen die für sie gebeten haben zu geben. Sie unterstützten Gemeinden oder Bischöfe, stifteten Klöster und trugen zur Prosperität bei. Eine aus der Natur abzuleitende Tatsache ist wohl die, dass jeder Bewegung eine Gegenbewegung folgt.
Die Übertreibungen, wie beispielsweise der Ablasshandel, führten zu Gegenbewegungen – nur so sind Phänomene wie Franz von Assisi oder später Martin Luther zu verstehen. Neben dem rechten Maß ist es die Unterscheidung, die als ein weiteres Beispiel im Umgang mit Geld dienen soll.
Die Gnade der Unterscheidung
„Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!“ (Matthäus 22,21).
Mit diesem Gleichnis soll Irdisches und Göttliches eine Einteilung finden. Kirchen haben Aufgaben, wie die Verbreitung des Glaubens, die gelebte Nächstenliebe und den Erhalt ihrer Struktur, um die beiden erst genannten Aufgaben bewerkstelligen zu können.
Werden nun Irdisches und Göttliches zu sehr miteinander verquickt, so kommt es zu schwer abschätzbaren Entwicklungen.
Es gibt unzählige Beispiele dafür. Der bereits genannte Ablasshandel, das Einsetzen der priesterlichen Autorität, die falsch verstandenen Interpretationen der Schriften, die zu grauenhaften menschlichen Tragödien, wie die Inquisition, führten. Selbst in unserer jüngeren Geschichte gibt es Beispiele einer zu engen Verbindung zwischen Weltlichem und Kirchlichem.
Das rechte Maß und die Unterscheidung sind Größen, die den Zugang zum Thema Kirche und Geld auch in unseren Tagen erleichtern.
Geld und Kirche in unserer Zeit
Wo stehen wir heute? Die Kirche generiert ihre Einnahmen im Wesentlichen aus den Beiträgen der Kirchenmitglieder, aus staatlichen Förderungen, eigenen Einnahmen aus Besitz bzw. Bewirtschaftung und traditionell aus Kollekten und Spenden.
Die Ausgaben werden dementsprechend für den Erhalt der Kirche zum Zweck der Weitergabe des Evangeliums, um die eingesetzten Mittel abzusichern und für die Projekte im Bereich der Nächstenliebe umzusetzen, verwendet.
Das alles hört sich traditionell an. Mit den Begriffen das rechte Maß und der Unterscheidung, sieht die Bilanz wieder anders aus.
Die Kirche in unseren geographischen Breiten kann sich über eine solide finanzielle Ausstattung nicht beschweren. Die Einnahmen aus den Kirchenbeiträgen gelten als solide, die staatlichen Unterstützungen sind ein verlässlicher Bereich, die Erträge aus Besitzungen können vorsichtig ausgeweitet werden und die Kollekten und Spenden sind schwankend, können aber als stabil bezeichnet werden.
Wo ist Kritik anzubringen? Können die Einnahmen als maßvoll bezeichnet werden? Wie überall im Leben und in der Gesellschaft gibt es Bereiche, wo das Wort „Zuviel“ angebracht erscheint. In einigen Teilen der Kirche, weltweit überhaupt, aber auch in unseren Breiten, ist es zu wenig.
Der Blick auf die Ausgaben beantwortet es teilweise. Einen hohen Anteil der kirchlichen Ausgaben entfallen auf die Personalkosten. Die Lebensunterhaltungskosten des Klerus und des weltlichen Personals stellen den Hauptanteil bei den Ausgaben. Die Kirche und alle ihre Einrichtungen zählen zu einem der größten Arbeitgeber hierzulande. Häufig wird darauf vergessen, dass die in caritativen Einrichtungen Tätigen, im Lehrbereich, Sozialbereich (Caritas) und vielen anderen Bereichen in eben kirchlichen Diensten stehen. Weitere Herausforderungen stellen die Gebäude und Kirchen dar. Diese müssen erhalten oder entwickelt werden. Neben diesen bekannten Themen werden Projekte in der ganzen Welt, gerade dort wo Not und Elend herrschen, unterstützt.
Geschieht dies mit dem rechten Maß? Diese Frage ist schwer zu beurteilen. Papst Leo X. betrieb den Ablasshandel in einem unerträglichen Ausmaß. Papst Pius V. stellte diesen wieder ab und bat alle Diözesen, Bistümer etc. in der Welt um den Peterspfennig, den es bis heute gibt. Papst Pius V. hat klug gehandelt, indem er die „finanzielle“ Last auf sehr viele aufteilte. Jeder Gläubige soll mit einer für ihn leicht und einfach zu tragenden Belastung zum Erhalt der Weltkirche beitragen. Die beiden genannten Päpste zeigen sehr genau auf, wie der Umgang mit Geld geschehen kann.
Um etwas bitten, die Ziele klar benennen und nie jene aus den Augen verlieren, die tatsächlich unserer Unterstützung bedürfen, scheint ein gangbarer Weg.
Die Fähigkeit der Unterscheidung ist eine Gabe des Heiligen Geistes. Im Zusammenhang mit Geld und Kirche ist darin die Frage in den Konnex zu setzen: Wie wirkt und was bewirkt Geld? Wie setze ich die vorhandenen Mittel ein und wie sehen die Konsequenzen dieser Handlung letztlich aus? Diese Unterscheidung stellt besonders im kirchlichen Bereich eine Wesentlichkeit dar.
Geld wirkt und bewirkt
Wir Christen müssen darauf achten, wie „Geldeinsatz“ wirkt. Die Anforderungen sind hoch. Denn wir müssen darauf achten, dass die uns aus unserem Glauben vorgegebenen Prinzipien Beachtung finden und nicht über den Haufen geworfen werden. Wir müssen danach trachten, die Mittel so einzusetzen, dass es zu keiner Förderung von abzulehnenden Handlungen oder abzulehnenden, den Menschen an Leib und Seele schädigenden Investitionen kommt.
Wie aktuell diese Fragen sind, ist aus der Diskussion abzuleiten, ob das militärische Wettrüsten in Europa mit einer zutiefst auf Frieden ausgerechneten Grundstrategie (Gründungsmotiv der EU) in Einklang zu bringen ist.
Dir. Prof. Günter Bergauer MBA
Aus Platzgründen mussten wir den Artikel kürzen.
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