24. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B) | 15. September
Gedanken von Jakob Kremer (1924-2010)
Jes 50,5-9a
5 Gott, der Herr, hat mir das Ohr geöffnet.
Ich aber wehrte mich nicht
und wich nicht zurück.
6 Ich hielt meinen Rücken denen hin, die mich schlugen,
und denen, die mir den Bart ausrissen, meine Wangen.
Mein Gesicht verbarg ich nicht
vor Schmähungen und Speichel.
7 Doch Gott, der Herr, wird mir helfen;
darum werde ich nicht in Schande enden.
Deshalb mache ich mein Gesicht hart wie einen Kiesel;
ich weiß, dass ich nicht in Schande gerate.
8 Er, der mich freispricht, ist nahe.
Wer wagt es, mit mir zu streiten?
Lasst uns zusammen vortreten!
Wer ist mein Gegner im Rechtsstreit?
Er trete zu mir heran.
9a Seht her, Gott, der Herr, wird mir helfen.
„Jahrelang im Gefängnis!“ - so heißt es oft in Nachrichten über Freiheitskämpfer oder ihrer Gesinnung wegen Verfolgter in Diktaturen. Wie können solche Menschen das ihnen Tag für Tag zugemutete Geschick ertragen?
Gläubige Juden und Christen verweisen auf das Gottvertrauen, wie es auch der Text aus dem dritten Gottesknechtlied (Jes 50,4-9) ausspricht. Der Verfasser weiß sich zu einer Aufgabe berufen, die ihm wie früheren Propheten großes Leid aufbürdet: Seine Zuhörer bedecken ihn mit Schmach, statt seinen Worten Gehör zu schenken (VV 5f); er aber stellt sich mutig diesem Los, weil er auf JHWHs Hilfe vertraut, in dessen Dienst er als „Knecht“ (42,1; 52,13) steht. Seine augenblickliche Situation ist zwar beschämend, seine Gegner scheuen sich nicht, ihn anzuspucken (V 6); doch achtet er dies in der Hoffnung auf Rehabilitierung gering.
Diese Zuversicht spricht der Prophet durch parallel formulierte Fragen aus. Des Ausgangs gewiss, fordert er seine Widersacher zu einem Rechtsstreit heraus; denn sein Beistand ist kein schwacher, bestechlicher Advokat oder ein fern weilender, desinteressierter König, sondern JHWH selbst (vgl. 49,4); als Anwalt der Armen (Ps 140,13) ist dieser ihm ganz nahe. Deshalb wird er am Ende als Sieger dastehen (vgl. 49,8), während die Ankläger samt ihren fadenscheinigen Anklagen wie von Motten zerfressene Kleider verrotten. Allem Augenschein zum Trotz gibt es also eine Gerechtigkeit!
Was der „Knecht Gottes“ hier über sich sagt, wurde in Altisrael auf das ganze Volk bezogen, dem Gott die Last auferlegte, als sein „Knecht“ zum Wohle aller Menschen zu wirken und zu leiden. Jesus von Nazaret hat nach Aussage der Evangelisten im Licht solcher Texte seine eigene Sendung verstanden und gängige Messiasvorstellungen korrigiert (vgl. Mk 8,31-35). So wie er selbst die Annahme von Unrecht und Leiden als wesentlichen Teil seiner Lebensaufgabe betrachtete, forderte er dasselbe auch von seinen Jüngern.
Wie allen der Bibel verpflichteten Juden ist es darum auch den Christen heute aufgetragen, in einer auf Verhinderung jeden Leidens erpichten Welt das ihnen immer wieder zugemutete, unabwendbare Unrecht und Leid geduldig anzunehmen. Ähnlich wie der Gottesknecht können sie dann sprechen: „Ist Gott für uns, wer ist dann gegen uns? ... Was kann uns scheiden von der Liebe Christi?“ (Röm 8,31-35).
Jak 2,14-18
14 Meine Brüder,
was nützt es, wenn einer sagt, er habe Glauben,
aber es fehlen die Werke?
Kann etwa der Glaube ihn retten?
15 Wenn ein Bruder oder eine Schwester ohne Kleidung ist
und ohne das tägliche Brot
16 und einer von euch zu ihnen sagt: Geht in Frieden,
wärmt und sättigt euch!,
ihr gebt ihnen aber nicht, was sie zum Leben brauchen
- was nützt das?
17 So ist auch der Glaube für sich allein tot,
wenn er nicht Werke vorzuweisen hat.
18 Nun könnte einer sagen: Du hast Glauben,
und ich kann Werke vorweisen;
zeig mir deinen Glauben ohne die Werke,
und ich zeige dir meinen Glauben aufgrund der Werke.
Keine „stroherne Epistel“
Martin Luther bezeichnete den Jakobusbrief als „eine recht stroherne Epistel“, da er in Widerspruch zur paulinischen Lehre von der Rechtfertigung aus dem Glauben allein (sole fide) die Notwendigkeit der Werke betone. Die meisten Forscher (auch die evangelischen) sehen heute zwischen Paulus und Jakobus keinen solchen Widerspruch und deuten das harte Urteil des Reformators aus seiner berechtigten Polemik gegen die spätmittelalterliche Werkfrömmigkeit.
Der Verfasser des Jakobusbriefes hingegen wendet sich gegen eine falsche Berufung auf den Apostel Paulus; denn dieser schrieb ja, dass wir im Gericht Gottes nicht aufgrund eigener Leistungen (buchstabengetreuer Erfüllung aller Gesetzesvorschriften) bestehen können, sondern einzig durch den Glauben an den gekreuzigten Herrn (vgl. Röm 3,28). Daraus folgerten offensichtlich einzelne, es komme überhaupt nicht auf Taten an, sondern nur auf das Glaubensbekenntnis. Sie übersahen dabei, dass auch nach Paulus der Glaube kein bloßes Lippenbekenntnis sein darf, sondern sich gerade in den Taten der Liebe auswirken müsse (vgl. Gal 5,6).
Ganz im Geist der urkirchlichen Ermahnung und besonders der Bergpredigt (vgl. Mt 7,21ff) betont der Autor unseres Briefes gegenüber dieser Fehlinterpretation des Völkerapostels: Ein Glaube, dem nicht auch Taten folgen, ist nutzlos; er vermag den einzelnen im Endgericht nicht zu retten.
Der Verfasser erläutert dies durch einen Vergleich aus dem christlichen Gemeindeleben: Wer einem Armen, dem das Notwendigste zum Leben fehlt, bloß ein frommes Wort sagt (etwa den kirchlichen Gruß „gehe in Frieden“), nicht aber etwas zum Essen, Anziehen und Heizen gibt, erweist diesem keinen Dienst. Von bloßen Worten, und seien sie noch so fromm, vermag kein Armer zu leben!
Die Schlussfolgerung, dass der Glaube ohne Werke „tot“ sei, kann auf den ersten Blick als jüdische Gesetzesfrömmigkeit aufgefasst werden, die Paulus bekämpfte. In unserem Brief handelt es sich aber letztlich um eine schlichte Aufforderung - an die Erstleser wie an uns alle ‑, den Glauben als echt zu erweisen. (Über die innere Zuordnung von Glauben und Werk reflektierte der Briefschreiber nicht näher.) Nur ein solcher lebendiger Glaube ist es, der uns Sünder rettet. Darin stimmen Paulus und Jakobus, auch Lutheraner und Katholiken überein.
am Sonntag, 20. Oktober in der Wiener Franziskanerkirche
15:45 Uhr Rosenkranz, 16:30 Hl. Messe
Der RSK stellt sich vor
Die Broschüre ist bestens geeignet, um sie all jenen weiter zu geben, die wissen möchten, was der RSK ist. Erhältlich bei: zent@rsk-ma.at, wenn Sie kostenlose Exemplare zum Weitergeben wünschen.
Hier können Sie sich kostenlos für unseren Newsletter anmelden
Was ist der RSK?
Der Rosenkranz-Sühnekreuzzug ist eine 1947 auf den Trümmern des Zweiten Weltkrieges gegründete Gebetsgemeinschaft zum Erhalt des Friedens in der Welt. Gegründet wurde sie von Franziskanerpater Petrus Pavlicek in Wien. Heute gehören dem "RSK" weltweit hunderttausende Menschen in 132 Ländern an. 2022 feierte die Gebetsgemeinschaft ihr 75-jährigesBestehen mit zahlreichen Gottesdiensten und Veranstaltungen.