16. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B) | 21. Juli
Gedanken von Jakob Kremer (1924-2010)
Jer 23,1-6
1 Weh den Hirten,
die die Schafe meiner Weide zugrunde richten und zerstreuen
- Spruch des Herrn.
2 Darum - so spricht der Herr, der Gott Israels,
über die Hirten, die mein Volk weiden:
Ihr habt meine Schafe zerstreut und versprengt
und habt euch nicht um sie gekümmert.
Jetzt ziehe ich euch zur Rechenschaft wegen eurer bösen Taten
- Spruch des Herrn.
3 Ich selbst aber sammle den Rest meiner Schafe
aus allen Ländern, wohin ich sie versprengt habe.
Ich bringe sie zurück auf ihre Weide;
sie sollen fruchtbar sein und sich vermehren.
4 Ich werde für sie Hirten bestellen, die sie weiden,
und sie werden sich nicht mehr fürchten und ängstigen
und nicht mehr verloren gehen - Spruch des Herrn.
5 Seht, es kommen Tage - Spruch des Herrn -,
da werde ich für David einen gerechten Spross erwecken.
Er wird als König herrschen und weise handeln,
für Recht und Gerechtigkeit wird er sorgen im Land.
6 In seinen Tagen wird Juda gerettet werden,
Israel kann in Sicherheit wohnen.
Man wird ihm den Namen geben:
Der Herr ist unsere Gerechtigkeit.
„Die Politiker sind doch alle Gauner.“ So tönt es nicht selten an Stammtischen und in Freundesrunden, vor allem, wenn die Medien wieder einen Skandal aufdecken. Die Politikverdrossenheit vieler Jugendlicher gründet häufig in solchen Pauschalurteilen; der „kleine Mann“ sieht seinen Verdacht bestärkt, dass „die da oben“ doch alles zu eigenen Gunsten bestimmen, ohne ein Gericht fürchten zu müssen. Unser Text aus den „Königssprüchen“ (Jer 21,11 - 23,8) bietet dafür eine Orientierungshilfe.
Der Prophet wendet sich im Namen JHWHs zunächst gegen die Mächtigen seiner Zeit (König Zidkija samt Ratgebern) und droht ihnen für ihr unverantwortliches Regieren Gottes Strafe („Wehe“) an. Er vergleicht ihre Pflichtvergessenheit mit dem Verhalten schlechter Hirten, die ihre Herde verkommen lassen, statt sie zu fruchtbaren Weiden und Wasserstellen zu führen, sie vor wilden Tieren zu schützen und die verirrten oder schwachen Lämmer zu umsorgen. Solche „Hirten“ werden bald ein strenges Gericht erfahren. Spätere Leser konnten darin ihr grausames Ende bei der Verschleppung nach Babel vorgezeichnet sehen (vgl. 2 Kön 25,6f).
Dem Gerichtswort stellt Jeremia ein sprachlich verwandtes Heilswort gegenüber. Gott überlässt die vernachlässigte Herde nicht ihrem Elend. Er selbst nimmt sich ihrer wie ein Hirte an und führt den Rest, der für das ganze Volk steht, zurück aus der Zerstreuung (vgl. Jes 40,10-11). Außerdem verspricht er ihnen gute Hirten, die sie umsorgen, so dass sie sich nicht mehr um ihre Existenz zu ängstigen brauchen. (In den anschließenden Versen ist sogar von einem neuen „Spross“ aus Davids Geschlecht die Rede, der in idealer Weise für Recht und Gerechtigkeit sorgen wird, was von Juden und Christen später - wenn auch unterschiedlich - auf den „Messias“ bezogen wurde.)
Den Zeitgenossen Jeremias wie allen späteren Lesern sagen diese Prophetenworte zunächst: Gott schaut dem Missbrauch eines Amtes nicht teilnahmslos zu; wem ein solches anvertraut ist, ob in Familie, Staat oder Kirche, muss darüber nicht bloß vor Menschen, sondern auch vor Gott einmal Rechenschaft ablegen. Vor allem aber lehren sie uns: Gott selbst nimmt sich der vernachlässigten „Schafe“ an und sichert ihnen einen angstfreien Lebensraum. Die Christen sehen die Verheißung dieser Verse in Jesus schon anfanghaft verwirklicht und wissen sich darum selbst in einer Welt von Sündern nicht mehr „wie Schafe, die keinen Hirten haben“ (Mt 9,36).
Eph 2,13-18
13 Jetzt seid ihr, die ihr einst in der Ferne wart,
durch Christus Jesus,
nämlich durch sein Blut,
in die Nähe gekommen.
14 Denn er ist unser Friede.
Er vereinigte die beiden Teile - Juden und Heiden -
und riss durch sein Sterben
die trennende Wand der Feindschaft nieder.
15 Er hob das Gesetz samt seinen Geboten und Forderungen auf,
um die zwei in seiner Person
zu dem einen neuen Menschen zu machen.
Er stiftete Frieden
16 und versöhnte die beiden
durch das Kreuz mit Gott in einem einzigen Leib.
Er hat in seiner Person die Feindschaft getötet.
17 Er kam und verkündete den Frieden:
euch, den Fernen,
und uns, den Nahen.
18 Durch ihn haben wir beide
in dem einen Geist Zugang zum Vater.
Spaltung der Christenheit – ein Widerspruch
Wo Menschen zusammenleben, besteht immer die Gefahr, dass einzelne sich über andere erheben. Die Versuchung zur Kastenbildung hat es auch im Christentum von Anfang an gegeben. Die höchst aktuell klingende Lesung mahnt einen jeden, sich vor solchem „Exkommunizieren“ anderer zu hüten.
Der Verfasser des Textes erinnert die aus dem Heidentum stammenden Christen daran, dass sie einst nicht zum auserwählten Volk gehörten, „in der Ferne“ waren und fern von Gott keine Aussicht auf die Erlangung ihres Lebensziels besaßen. Wenn sie jetzt Anteil an den Verheißungen Israels haben, verdanken sie das der Erlösungstat Jesu. Durch ihn sind sie jetzt „nahe“ bei denen, die von Gott in besonderer Weise auserwählt wurden. Der Autor des Briefes schreibt dies vermutlich im Blick auf Heidenchristen, die sich über Judenchristen erhaben dünkten. Die Konfrontation mit dem jüdischen Volk zwingt heute alle getauften Heidenchristen, für ihre keineswegs selbstverständliche Berufung zum Glauben an den wahren Gott zu danken und mit Ehrfurcht auf Israel zu blicken.
Gegenüber den Spannungen zwischen Judenchristen (die sich oft ängstlich an das alte Gesetz halten) und Heidenchristen betont der Verfasser in einer kurzen Zusammenschau des Erlösungswerkes Christi: Jesus Christus hat durch seinen Tod das Gesetz des Alten Bundes aufgehoben und damit die „Mauer“ entfernt, mit der die Juden sich in der Vergangenheit gegenüber den Heidenvölkern abschirmten (z. B. Beschneidung, Sabbatgebot, Speisevorschriften). Christus hat die Vereinigung von Juden und Heiden schließlich dadurch bewirkt, dass er ein neues auserwähltes Volk gestiftet hat. Er ist aber nicht bloß Friedensstifter, sondern in seiner Person der Friede selbst. Wer also durch die Taufe zu ihm gehört, bildet mit ihm zusammen die eine Kirche, den einen „Christus“ (vgl. 1 Kor 12,12). Die Spaltung der gesamten Christenheit wie auch einzelner Gemeinden widerspricht deshalb dem innersten Wesen von Jesu Heilswerk.
Dieses Heilswerk, so heißt es abschließend in Anlehnung an Jes 57,19, hat die alte Hoffnung auf Frieden für alle (die Fernen und die Nahen) erfüllt. Die Friedensbotschaft Jesu und seiner Apostel (hier als eine gesehen) zielt schließlich hin auf den Zugang aller Menschen zum Vater. Die im Blick auf die damalige konkrete Spannung zwischen Juden- und Heidenchristen geschriebenen Worte sind heute eine Herausforderung an alle Christen, sich mit dem Ärgernis der Spaltung zwischen den Konfessionen und in den Gemeinden nicht abzufinden.
Die Broschüre ist bestens geeignet, um sie all jenen weiter zu geben, die wissen möchten, was der RSK ist. Erhältlich bei: zent@rsk-ma.at, wenn Sie kostenlose Exemplare zum Weitergeben wünschen.
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Was ist der RSK?
Der Rosenkranz-Sühnekreuzzug ist eine 1947 auf den Trümmern des Zweiten Weltkrieges gegründete Gebetsgemeinschaft zum Erhalt des Friedens in der Welt. Gegründet wurde sie von Franziskanerpater Petrus Pavlicek in Wien. Heute gehören dem "RSK" weltweit hunderttausende Menschen in 132 Ländern an. 2022 feierte die Gebetsgemeinschaft ihr 75-jährigesBestehen mit zahlreichen Gottesdiensten und Veranstaltungen.